Mittwoch, 30. Januar 2019

Flammen über Arcadion - ein echtes Highlight!

Carya ist erst sechszehn Jahre alt und lebt mit ihren Eltern in Arcadion, der Stadt, die früher mal den Namen "Rom" trug. Nach dem sogenannten Sternenfall sind weite Teile der Welt verwüstet und in wenigen, geschützten Städten entstand ein neues System, in dem die Menschen fortan vermeintlich geschützt leben. Hier regiert der Lux Dei, also das Licht Gottes, der in einer Art Templerorden organisiert ist. Schon die Kinder sind bereits Mitglied der Templerjugend und werden schon früh in vielerlei Hinsicht unterwiesen. Auch Carya ist gerne Teil dieser Gemeinschaft und genießt die Vorzüge die dies mitsichbringt. Heimlich himmelt sie dabei ihren Gruppenführer Ramin, einen Schüler der Templerakademie , an.

Erst die Bitte um Hilfe von ihrer besten Freundin Rajela bringt Caryas Welt zum Wanken. Denn die Welt von Arcadion ist nur für die angehm, die stets mit dem Gesetz konform gehen. Da Rajelas Freund Tobyn aber zur Randgruppe der verhassten Invitros gehört, hat er leider nicht viele Rechte. Die Invitros sind künstlich gezeugte Menschen aus der Zeit der Dunklen Jahre und davor. Als Tobyn gegen das Gesetz verstößt wird er von einer Gruppe Elitesoldaten gefangengenommen und kurz darauf vor Gericht gestellt. Mit einiger Mühe können sich Carya und Rajela in die Gerichtsverhandlung einschmuggeln und werden Zeugen unfassbarer Grausamkeit, die Carya zu einer Verzweiflungstat verführt, die sie fortan zur meist gesuchten und verfolgten Person Arcadions macht. Während ihrer Flucht stößt sie auf den Templersoldaten Jonan, der nicht nur für die Verhaftung Tobyns verantwortlich ist, sondern ebenfalls Zeuge der Gerichtsverhandlung war. Diese Erlebnisse, gepaart mit seinen schon länger bestehenden Zweifeln und der aufkommenden Zuneigung für Carya veranlassen Jonan, sich vom System abzukehren und Carya zu helfen. Doch der Lux Dei ist überall und den beiden steht ein langer und beschwerlicher Weg auf der Suche nach Gerechtigkeit und Frieden bevor. Gemeinsam mit ihren Freunden kämpfen sie verbissen gegen das System und versuchen gleichzeitig das Geheimnis der Herkunft von Carya zu klären. Werden die beiden es schaffen?

Der vom Egmont Lyx Verlag herausgegebene Roman "Flammen über Arcadion" von Bernd Perplies hat es geschafft, mich vom Anfang bis zum Ende zu fesseln. Der Schreibstil des Autors ist sehr flüssig und er erzählt die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Carya und Jonan. Das macht die Handlung nicht nur transparenter, sondern gleichzeitig auch viel spannender.

Die Charaktere des Romans sind durchgehend detailreich und sehr anschaulich beschrieben. Carya war mir gleich sympathisch. Geboren in eine Welt, die für sie zunächst selbstverständl ich scheint, ist sie trotz strikter Glaubens- und Verhaltensvorgaben stets ein einfühlsamer Mensch geblieben. Erst die äußeren Umstände und die Verpflichtung gegenüber ihrer besten Freundin sorgen dafür, dass ihre Augen für die Welt um sie herum geöffnet werden. Doch gerade ihre Empathie ist es dann, der sie es zu verdanken hat, dass ihr Leben von einer Sekunde auf die andere auf den Kopf gestellt wird. Unheimlicherweise scheint sie in dieser Situation, und in einigen ähnlichen, auf eine Art Programmierung zurückgreifen zu können, die sie ungeahnte Aktionen ausführen lässt. Gleichzeitig erfährt sie, dass sie unbekannter Herkunft ist und unter mysteriösen Umständen den Weg zu ihren jetzigen Eltern gefunden hat. Ihre Welt steht damit gänzlich auf dem Kopf, doch ihr mutiges Auftreten für Gerechtigkeit und die Menschen, die sie liebt, verleihen ihr, neben ihrer Intelligenz, eine ungeahnte Stärke, die sie auf ihrem weiteren Weg leitet.

Währenddessen Jonan als Sohn aus reichem und einflussreichem Elternhaus die Zweifel am bestehenden System des Lux Dei schon länger mit sich herumträgt. Doch bisher hat er sich stets den Wünschen seines strengen und unbeugsamen Vaters gefügt und auch sein Eintritt in die Garde des Tribunalpalasts ist eine Folge hiervon. Aber die Erfahrung in diesem Dienst nähren seine Bedenken, so dass sein Einsatz im Gericht sein wachsendes Unbehagen noch verstärkt. Die Zuneigung für die flüchtende Carya und der Gedanke, dass ihr nach ihrer Ergreifung dieselben Erlebnisse wie Tobyn im Gericht als Angeklagte nicht erspart bleiben werden, geben letztendlich den entscheidenen Ausschlag, dass Jonan sich gegen sein bisheriges Leben, seine Familie und den Lux Dei stellt. Auch er ist ein unheimlich sympathischer Charakter, so dass ich unweigerlich mit den beiden während des Lesens mitgefiebert habe.

Besonders gut gefallen hat mir in diesem Roman, dass neben der eigentlichen dystopischen Handlung parallel auch das Geheimnis der Herkunft von Carya thematisiert wird, was mein Spannungsempfinden zusätzlich erhöht hat. Auch die diversen Anspielungen auf einschlägige Aspekte der menschlichen Geschichte, die oft nur sehr unterschwellig zu erkennen sind, fand ich ausgesprochen ansprechend und gelungen und machen diesen Roman für mich zu etwas Besonderem.

"Flammen über Arcadion" ist für mich einer der besten, wenn nicht gar der beste dystopische Jugendroman, den ich in der letzten Zeit gelesen habe. Aufgrund seiner inhaltlich anspruchsvollen Vielfalt, der gelungen umgesetzten Idee und den wundervoll beschriebenen Charakteren kann ich ihn nur jedem wärmstens empfehlen. Zudem bin ich schon unheimlich gespannt auf Band 2 "Im Schatten des Mondkaisers", der zum Glück bereits im März nächsten Jahres erscheint und hoffentlich so schnell wie möglich den Weg in mein Buchregal findet.