Julie und Ruben sind Zwillinge, wachsen jedoch unwissend getrennt
voneinander auf. Ihre leibliche Mutter hat sie zu ihrem Schutz gleich
nach der Geburt weggeben, damit ihr Vater, der Erzengel Kronos, sie
nicht findet, der sie für eine düstere Prophezeiung opfern will. Während
Julie bei einem freundlichen Ehepaar in Paris aufwächst, lebt Ruben auf
dem Land und kennt nur Entsagungen und körperliche Züchtigung. Als er
beschließt, seinem Schicksal zu entkommen, führt ihn sein Weg 1789 nach
Paris, zu den Anfängen der französischen Revolution. Hier entdeckt er,
ebenso wie seine Schwester unabhängig von ihm, das erste Mal seine
magischen Fähigkeiten. Doch deren Benutzung ruft ihre Feinde auf den
Plan und so beginnt für die beiden eine Odyssee, bei der sie sich
endlich begegnen und mehr über ihre Herkunft erfahren. Um ihren Feinden
zu entkommen hilft ihnen nur die Flucht nach vorne, auf der sie von
Julies Kindheitsfreund Fédéric und dem Sohn ihrer Feindin Nicolas
begleitet werden, die beide sehr an Julie interessiert sind. Ihr Weg ist
mit Hindernissen gepflastert und nicht immer ist klar, wem sie trauen
können oder nicht. Werden Julie und Ruben sich retten können?
Mascha
Vassena erzählt die Geschichte abwechselnd aus Julies und Rubens Sicht
und ermöglicht dem Leser so einen tiefen Einblick in beider Gedanken-
und Gefühlswelt. Während Julie, die behütet aufgewachsen ist, sich mutig
ihrem Schicksal stellt, ist Ruben von heftigen Zweifeln geplagt.
Aufgrund seiner entbehrungsreichen und ungeliebten Kindheit ist er viel
anfälliger für die Verlockungen, die sich ihm auf seinem Weg zeigen. Und
so ist es nur verständlich, dass er von ihnen immer wieder in
Versuchung geführt wird. Zudem fühlt er sich von seiner Schwester und
ihren Freunden nicht richtig akzeptiert, was seine Zweifel an ihrer
beider Mission noch schürt.
Insbesondere der Charakter der
Wächterkatze Songe, die Julie bereits ihr Leben lang begleitet und
beschützt, hat mir besonders gut gefallen. Sie ist gewitzt und weise und
dabei immer für eine Überraschung gut. Gleichzeitig gibt sie Julie in
bestimmten Situationen immer wieder Halt. Schade finde ich nur, dass
nicht auch Ruben einen tierischen Begleiter hat, zumal er ja auch sonst,
im Gegensatz zu seiner Schwester, nicht vom Schicksal verwöhnt worden
ist.
Die Dreiecksbeziehung von Julie, Nicolas und Fédéric ist
nicht nur hinsichtlich ihres Ausgangs spannend, sondern auch wegen der
sarkastischen Reibereien der beiden Jungs, sehr unterhaltsam. Es fällt
Julie schwer, sich für den einen oder anderen zu entscheiden, so dass
alle drei ständig durch ein Wechselbad der Gefühle gehen, dass jedoch
stets dezent im Hintergrund bleibt und den Roman nicht dominiert.
Im
Laufe des Romans steigt der Spannungsbogen langsam aber stetig an und
überzeugt zum Ende hin durch viele actionlastige Szenen und durchaus
einigen Überraschungen. Das Debüt von Mascha Vassena "Die Prophezeiung
der Seraphim" ist ein spannender Jugendfantasyroman, der in sich
abgeschlossen wirkt, aber trotzdem sehr viel Potential für eine
Fortsetzung besitzt. Ich würde mich freuen, noch mehr von Julie, Ruben
und ihren Freunden lesen zu dürfen.