Mascha Vassena erzählt die Geschichte abwechselnd aus Julies und Rubens Sicht und ermöglicht dem Leser so einen tiefen Einblick in beider Gedanken- und Gefühlswelt. Während Julie, die behütet aufgewachsen ist, sich mutig ihrem Schicksal stellt, ist Ruben von heftigen Zweifeln geplagt. Aufgrund seiner entbehrungsreichen und ungeliebten Kindheit ist er viel anfälliger für die Verlockungen, die sich ihm auf seinem Weg zeigen. Und so ist es nur verständlich, dass er von ihnen immer wieder in Versuchung geführt wird. Zudem fühlt er sich von seiner Schwester und ihren Freunden nicht richtig akzeptiert, was seine Zweifel an ihrer beider Mission noch schürt.
Insbesondere der Charakter der Wächterkatze Songe, die Julie bereits ihr Leben lang begleitet und beschützt, hat mir besonders gut gefallen. Sie ist gewitzt und weise und dabei immer für eine Überraschung gut. Gleichzeitig gibt sie Julie in bestimmten Situationen immer wieder Halt. Schade finde ich nur, dass nicht auch Ruben einen tierischen Begleiter hat, zumal er ja auch sonst, im Gegensatz zu seiner Schwester, nicht vom Schicksal verwöhnt worden ist.
Die Dreiecksbeziehung von Julie, Nicolas und Fédéric ist nicht nur hinsichtlich ihres Ausgangs spannend, sondern auch wegen der sarkastischen Reibereien der beiden Jungs, sehr unterhaltsam. Es fällt Julie schwer, sich für den einen oder anderen zu entscheiden, so dass alle drei ständig durch ein Wechselbad der Gefühle gehen, dass jedoch stets dezent im Hintergrund bleibt und den Roman nicht dominiert.
Im Laufe des Romans steigt der Spannungsbogen langsam aber stetig an und überzeugt zum Ende hin durch viele actionlastige Szenen und durchaus einigen Überraschungen. Das Debüt von Mascha Vassena "Die Prophezeiung der Seraphim" ist ein spannender Jugendfantasyroman, der in sich abgeschlossen wirkt, aber trotzdem sehr viel Potential für eine Fortsetzung besitzt. Ich würde mich freuen, noch mehr von Julie, Ruben und ihren Freunden lesen zu dürfen.