Bei einem furchtbaren Autounfall verliert die 14-jährige Jenna nicht nur
ihre beste Freundin, sondern erleidet zudem schwere Verbrennungen in
ihrem Gesicht. Selbst nach monatelanger Behandlung, inklusive einer
Hauttransplantation, traut sie sich aufgrund ihrer Entstellung kaum noch
aus dem Haus. Von ihren Eltern gezwungen nimmt sie inzwischen wieder am
Schulunterricht teil, doch jeder Tag ist wie ein Spießrutenlauf für
sie. Die anderen Kinder und selbst auch die Erwachsenen starren sie an
und begegnen ihr entweder mit Mitleid oder mit Abscheu und
offensichtlicher Ablehnung.
Erst als sie durch Zufall bei einem
Spaziergang auf den 16-jährigen Ryan trifft, der gemeinsam mit seiner
eigenwilligen Mutter mit einem Hausboot durchs Land zieht, scheint sich
ihr Leben wieder langsam zu verändern. Begegnet sie auch ihm zunächst
noch mit Angst und Ablehnung, verändern sich ihre Gefühle und ihr
Verhalten jedoch alsbald. Nachdem er in einer häßlichen Situation eines
Abends für sie offensichtlich Partei ergreift, ist das Eis zwischen
ihnen vollends gebrochen und Jenna vertraut sich ihm als erstem nach dem
schrecklichen Unfall an. Die beiden entwickeln freundschaftliche
Gefühle füreinander, die Jenna immer mehr und mehr die Kraft geben, aus
ihrem Schneckenhaus herauszukommen, doch der plötzliche Mord an Steven,
dem damaligen Unfallfahrer, der mit einer viel zu geringen Strafe
davongekommen ist und, den Jennas Vater seitdem vehement bekämpft,
bringt wieder alles durcheinander. Wer hat Steven getötet? Wird Jenna
sich ihre neu gewonnene Stärke bewahren können oder werden die
Verdächtigungen gegen Freunde und Familie sie erneut in die Einsamkeit
zwingen?
Laura Jarratts Debütroman hat es geschafft, mich von
Anfang bis Ende zu fesseln. Ich war richtig hin und weg und habe neben
mir nichts mehr wahrgenommen bis ich das Ende des Buches erreicht habe.
Es
ist im Präsens geschrieben, immer abwechselnd aus der Sicht von Jenna
oder Ryan. Die beiden Charaktere sind dabei so ausführlich geschildert,
dass ich mich unvermittelt zugehörig zur Geschichte fühlte. Jenna, die
schon immer eher schüchtern, folgsam und zurückhaltend scheint, lässt
sich von ihrer besten Freundin überreden, sich aufzubrezeln und mit
einigen anderen in ein Auto zu steigen, dass von Steven, der Drogen und
Alkohol gegenüber nicht abgeneigt ist, gelenkt wird. Die Situation
eskaliert, es kommt zu einem Unfall, bei dem 2 Mädchen sterben und Jenna
ihre furchtbaren Verletzungen davonträgt. Da sie nicht nur das Gefühl
hat, dass alle anderen jetzt ein Monster in ihr sehen, sondern auch sie
selbst mit ihren äußerlichen Veränderungen nicht klarkommt, zieht sie
sich immer mehr zurück. Ihre Eltern, die voller Sorgen sind, drängen
Jenna immer wieder gegen ihren Willen zurück ins "normale" Leben. Dabei
erfährt sie stets neue Verletzungen, die letztendlich auf einer Party
eskalieren. Jenna ergreift die Flucht, wird an dieser aber von Ryan
gehindert, der ganz klar gegenüber allen anderen Stellung für sie
bezieht und sich als Retter in der Not herausstellt. Hierdurch von ihm
eingenommen, lässt Jenna ihn als ersten langsam näher an sich heran, so
dass Ryan sie stetig weiter zurück ins Leben stupsen kann.
Ryan
selbst hat bereits als Kind schon viele schlechte Erfahrungen gemacht.
Als "Zigeuner" und "Penner" beschimpft oder verprügelt, hatte er nie die
Möglichkeit nähere Bindungen einzugehen, zumal er und seine Mutter nie
lange an einem Ort geblieben sind. Erst Cole, ein zeitweiliger Freund
seiner Mutter, nimmt ihn unter seine Fittiche und dient ihm als
männliches Vorbild. Trotz allem ist Ryan sehr senibel und aufgrund
seines einfachen Lebens ausgesprochen bescheiden und genügsam. Dabei
kümmert er sich vorbildlich um seine Mutter. Leider muss er bei ihr nur
allzu oft die Rolle des Erwachsenen übernehmen, so dass er an dieser
Verantwortung in seinen jungen Jahren bereits schwer zu tragen hat.
Seinem
Einfühlungsvermögen ist es zu verdanken, dass er Zugang zu Jennas
Gedanken- und Gefühlswelt bekommt. Er lockt sie immer mehr aus ihrer
Einsamkeit heraus und gibt ihr langsam ein neues Gefühl der
Selbstsicherheit. Er schafft es als einziger, ihr Aussehen komplett
auszublenden und sich lediglich auf ihr Wesen, ihren Charakter und ihre
Persönlichkeit zu konzentrieren.
Auch die Nebencharaktere werden
hier sehr schön beschrieben. Beim Lesen wird sehr klar deutlich, wie
sehr auch Jennas Familie von ihrem Unfall betroffen ist. Während ihre
Mutter hier ganz klar die Stärkere ist, scheint Jennas Vater sich mit
dem, was seiner Tochter passiert ist, nicht abfinden zu können und statt
seine Tochter zu unterstützen, steckt er alle seine Energien in den
Kampf gegen den Unfallverursacher.
Die vielschichtige Persönlichkeit
von Ryans Mutter hat mir besonders gut gefallen. Von der gebildeten,
selbstbewußten Frau bis hin zur egozentrischen, verantwortungslosen
Mutter zeigt sie unheimlich viele Facetten, die immer wieder für eine
Überraschung gut waren.
Nebenbei ist "Skin Deep - Nichts geht
tiefer als die erste Liebe" vom Dressler Verlag nicht nur ein wundervoller
Jugendliebesroman, der mich tief berührt hat, sondern auch gleichzeitig
ein Kriminalroman. Hierbei ist das aufzuklärende Verbrechen geschickt
mit der restlichen Geschichte verwoben und bildet dabei eine runde
Einheit. Laura Jarratts Roman hat mir ausgesprochen gut gefallen und
wird bestimmt nicht der letzte ihrer Romane in meinem Bücherregal sein.