Carya ist erst sechszehn Jahre alt und lebt mit ihren Eltern in
Arcadion, der Stadt, die früher mal den Namen "Rom" trug. Nach dem
sogenannten Sternenfall sind weite Teile der Welt verwüstet und in
wenigen, geschützten Städten entstand ein neues System, in dem die
Menschen fortan vermeintlich geschützt leben. Hier regiert der Lux Dei,
also das Licht Gottes, der in einer Art Templerorden organisiert ist.
Schon die Kinder sind bereits Mitglied der Templerjugend und werden
schon früh in vielerlei Hinsicht unterwiesen. Auch Carya ist gerne Teil
dieser Gemeinschaft und genießt die Vorzüge die dies mitsichbringt.
Heimlich himmelt sie dabei ihren Gruppenführer Ramin, einen Schüler der
Templerakademie , an.
Erst
die Bitte um Hilfe von ihrer besten Freundin Rajela bringt Caryas Welt
zum Wanken. Denn die Welt von Arcadion ist nur für die angehm, die stets
mit dem Gesetz konform gehen. Da Rajelas Freund Tobyn aber zur
Randgruppe der verhassten Invitros gehört, hat er leider nicht viele
Rechte. Die Invitros sind künstlich gezeugte Menschen aus der Zeit der
Dunklen Jahre und davor. Als Tobyn gegen das Gesetz verstößt wird er von
einer Gruppe Elitesoldaten gefangengenommen und kurz darauf vor Gericht
gestellt. Mit einiger Mühe können sich Carya und Rajela in die
Gerichtsverhandlung einschmuggeln und werden Zeugen unfassbarer
Grausamkeit, die Carya zu einer Verzweiflungstat verführt, die sie
fortan zur meist gesuchten und verfolgten Person Arcadions macht.
Während ihrer Flucht stößt sie auf den Templersoldaten Jonan, der nicht
nur für die Verhaftung Tobyns verantwortlich ist, sondern ebenfalls
Zeuge der Gerichtsverhandlung war. Diese Erlebnisse, gepaart mit seinen
schon länger bestehenden Zweifeln und der aufkommenden Zuneigung für
Carya veranlassen Jonan, sich vom System abzukehren und Carya zu helfen.
Doch der Lux Dei ist überall und den beiden steht ein langer und
beschwerlicher Weg auf der Suche nach Gerechtigkeit und Frieden bevor.
Gemeinsam mit ihren Freunden kämpfen sie verbissen gegen das System und
versuchen gleichzeitig das Geheimnis der Herkunft von Carya zu klären.
Werden die beiden es schaffen?
Der vom Egmont Lyx Verlag
herausgegebene Roman "Flammen über Arcadion" von Bernd Perplies hat es
geschafft, mich vom Anfang bis zum Ende zu fesseln. Der Schreibstil des
Autors ist sehr flüssig und er erzählt die Geschichte abwechselnd aus
der Sicht von Carya und Jonan. Das macht die Handlung nicht nur
transparenter, sondern gleichzeitig auch viel spannender.
Die
Charaktere des Romans sind durchgehend detailreich und sehr anschaulich
beschrieben. Carya war mir gleich sympathisch. Geboren in eine Welt, die
für sie
zunächst selbstverständl ich
scheint, ist sie trotz strikter Glaubens- und Verhaltensvorgaben stets
ein einfühlsamer Mensch geblieben. Erst die äußeren Umstände und die
Verpflichtung gegenüber ihrer besten Freundin sorgen dafür, dass ihre
Augen für die Welt um sie herum geöffnet werden. Doch gerade ihre
Empathie ist es dann, der sie es zu verdanken hat, dass ihr Leben von
einer Sekunde auf die andere auf den Kopf gestellt wird.
Unheimlicherweise scheint sie in dieser Situation, und in einigen
ähnlichen, auf eine Art Programmierung zurückgreifen zu können, die sie
ungeahnte Aktionen ausführen lässt. Gleichzeitig erfährt sie, dass sie
unbekannter Herkunft ist und unter mysteriösen Umständen den Weg zu
ihren jetzigen Eltern gefunden hat. Ihre Welt steht damit gänzlich auf
dem Kopf, doch ihr mutiges Auftreten für Gerechtigkeit und die Menschen,
die sie liebt, verleihen ihr, neben ihrer Intelligenz, eine ungeahnte
Stärke, die sie auf ihrem weiteren Weg leitet.
Währenddessen
Jonan als Sohn aus reichem und einflussreichem Elternhaus die Zweifel am
bestehenden System des Lux Dei schon länger mit sich herumträgt. Doch
bisher hat er sich stets den Wünschen seines strengen und unbeugsamen
Vaters gefügt und auch sein Eintritt in die Garde des Tribunalpalasts
ist eine Folge hiervon. Aber die Erfahrung in diesem Dienst nähren seine
Bedenken, so dass sein Einsatz im Gericht sein wachsendes Unbehagen
noch verstärkt. Die Zuneigung für die flüchtende Carya und der Gedanke,
dass ihr nach ihrer Ergreifung dieselben Erlebnisse wie Tobyn im Gericht
als Angeklagte nicht erspart bleiben werden, geben letztendlich den
entscheidenen Ausschlag, dass Jonan sich gegen sein bisheriges Leben,
seine Familie und den Lux Dei stellt. Auch er ist ein unheimlich
sympathischer Charakter, so dass ich unweigerlich mit den beiden während
des Lesens mitgefiebert habe.
Besonders gut gefallen hat mir in
diesem Roman, dass neben der eigentlichen dystopischen Handlung parallel
auch das Geheimnis der Herkunft von Carya thematisiert wird, was mein
Spannungsempfinden zusätzlich erhöht hat. Auch die diversen Anspielungen
auf einschlägige Aspekte der menschlichen Geschichte, die oft nur sehr
unterschwellig zu erkennen sind, fand ich ausgesprochen ansprechend und
gelungen und machen diesen Roman für mich zu etwas Besonderem.
"Flammen
über Arcadion" ist für mich einer der besten, wenn nicht gar der beste
dystopische Jugendroman, den ich in der letzten Zeit gelesen habe.
Aufgrund seiner inhaltlich anspruchsvollen Vielfalt, der gelungen
umgesetzten Idee und den wundervoll beschriebenen Charakteren kann ich
ihn nur jedem wärmstens empfehlen. Zudem bin ich schon unheimlich
gespannt auf Band 2 "Im Schatten des Mondkaisers", der zum Glück bereits
im März nächsten Jahres erscheint und hoffentlich so schnell wie
möglich den Weg in mein Buchregal findet.